Leinenpöbler und kleine Zicken?

Leinenpöbler und kleine Zicken?

“Mein Hund ist halt ein kleiner Macho. Der muss jedem zeigen, wie krass er ist. Ich glaube, das Pöbeln macht dem einfach Spaß.”

Bild von Simon Gatdula auf Pixabay

Diese und ähnliche Vorurteile klammern sich in unsere Köpfe wie Kletten in Pudelfell. Aber ist da wirklich was dran an der Geschichte vom fiesen Leinenrambo? Lass es uns gemeinsam herausfinden!

Leinenaggression verstehen

Wenn dein Hund an der Leine eskaliert, hat das meistens eine Konsequenz. Entweder entfernst du dich so schnell wie möglich mit ihm aus der peinlichen Situation – oder der Kontrahent verschwindet, weil auch dessen Mensch das Weite sucht.

“Aha!” denkt dein Hund. “Wenn ich nur laut genug bin, werde ich jeden Übeltäter los!”

Gleiches gilt für alles, was dein Hund nicht in seinem Umkreis haben will. Menschen auf Skateboards, Kinder, Trecker…der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Eines haben sie aber alle gemeinsam: sie bewegen sich weg von deinem kleinen Wutgnom. Erleichterung setzt ein, also wird dein Hund das gleiche Verhalten beim nächsten Mal wiederholen. Hat sich schließlich gelohnt!

Vielleicht verstehst du jetzt, wieso ich das Wort “Leinenpöbler” eigentlich gar nicht mag. Es klingt, als hätte dein Hund einfach Bock drauf, Ärger zu provozieren. Tatsächlich aber geht es ihm darum, seine eigene Haut zu retten. Die meisten Hunde mit Leinenaggression wollen nichts sehnlicher, als mehr Abstand zu dem unangenehmen Reiz zu gewinnen. Dabei ist es erst mal egal, ob der andere geht oder man selbst. Hauptsache, man hat wieder seine Ruhe.

Begegnungstraining in drei schritten

Schritt 1: selbstständigkeit fördern

Bild von wolfyy01 auf Pixabay

Dein Hund weiß ja eigentlich, was er möchte – du kannst ihn dabei unterstützen, sein Ziel völlig entspannt zu erreichen. Bei dieser Art des Trainings erfährt er nämlich, dass man gar nicht vertreiben muss, was man loswerden will. Man braucht nur einen Menschen, der Bedürfnisse erkennt und Abstand ermöglicht. Traurig für alle Schleckermäuler: man braucht dafür nicht mal Kekse.

Wenn die Situation es hergibt, ist unser Begegnungstraining aber auch ohne Leckereien die perfekte Strategie. Der entscheidende Vorteil: dein Hund lernt, in Zukunft sogar ohne deine Hilfe eine Eskalation zu vermeiden! Sehr angenehm, wenn du einen aufmerksamen Begleiter hast, der seine Feinde schon erahnt bevor du sie sehen kannst.

Es braucht etwas Übung und Zeit, aber jedes Mensch-Hund-Team kann es lernen. Versprochen! Hier kommen die wichtigsten Tools für euren gemeinsamen Erfolg.

• Abstand
Um selbstbestimmtes Begegnungstraining durchzuführen, brauchst du erstmal viel Platz. So viel, dass dein Hund noch gar keinen Grund zum Ausrasten verspürt. Optimal sind Wälder mit Sichtschutz und verzweigten Wegen oder auch weite Felder und Wiesen. Hier ist dein Mindset gefragt: wir Menschen neigen dazu, uns eine Strecke zu überlegen und sie dann exakt so zu gehen, komme was wolle. Jetzt heißt es flexibel bleiben, deinem Hund zuliebe.

• Körpersprache
Damit du deinen Hund bestmöglich unterstützen kannst, präge dir seine Körpersprache ein. Wie sehen seine Eskalationsstufen aus? Ab wann ist er nicht mehr ansprechbar? Wann braucht er Unterstützung?

• Leinenhandling
Leine und Geschirr sind beim Begegnungstraining unentbehrliche Tools. Du wirst sie lieben lernen, denn sie ermöglichen euch maximale Freiheit und Entspannung! Damit dein Hund selbstständig agieren kann, sollte die Leine eine Länge von 5-7 Metern haben und das Geschirr muss gut sitzen. Hier kommt die spannendste Aufgabe für dich: die Leine wird nicht auf den Boden geworfen, sondern stets so gehalten, dass du wenn nötig sanft auf deinen Hund einwirken kannst.

Ein bisschen mehr als das gehört schon noch dazu, aber um alle Details zu erfassen bräuchte es ein ganzes Buch oder ein paar Trainingsstunden. Vielleicht kannst du dir jetzt trotzdem etwas besser vorstellen, wie unser Begegnungstraining funktioniert! Wenn du mehr wissen möchtest, vereinbare gern ein kostenloses Erstgespräch.

Schritt 2: Markertraining

Bild von 💙♡🌼♡💙 Julita 💙♡🌼♡💙 auf Pixabay

Manchmal ist die Straße einfach zu klein für deinen Hund und seinen Erzfeind. Aber auch für so ungünstige Situationen gibt es die passende Strategie. So wird dein Hund nicht zum Hulk und euer gemeinsamer Spaziergang nicht zum Spießrutenlauf. Und ganz nebenbei lernt er auch, sich nach einer Begegnung viel schneller wieder zu beruhigen.

Du trainierst in diesem Schritt mit deinem Hund jedes Verhalten, das dir lieber ist als “schreiend in die Leine springen”. Zum Beispiel könntest du ihm beibringen, ruhig an der Seite zu sitzen und dich anzusehen, statt den vorbeiziehenden Gegner anzufallen. Oder ihr übt ein Nasentarget, falls dein Hund es besser findet sich zu bewegen. Oder du markerst zunächst, wenn dein Hund es einfach nur schafft, ohne Gebell an der Leine zu ziehen.

Wann also solltest du Markertraining nutzen, anstatt selbstbestimmtes Begegnungstraining?

• Der Abstand reicht nicht
Es gibt Hunde, die schon beim geringsten Verdacht auf Feindsichtung die Nackenhaare aufstellen und gar nicht auf die Idee kommen, dass man Eskalationen auch vermeiden könnte. Da wird es schwierig mit dem Abstand, egal wie groß der Platz ist den ihr zur Verfügung habt. Wir öffnen also durch das Markertraining eine Tür, um später unser Begegnungstraining durchführen zu können.

• Ihr müsst da wirklich, wirklich vorbei
Manchmal lässt sich Annäherung nicht vermeiden. Beim Tierarzt zum Beispiel, oder weil ihr nicht mal eine Kehrtwende machen könnt, weil sich sowohl von vorne als auch von hinten jemand nähert. Für diese Situationen ist es einfach wichtig, eine Alternative zur Hand zu haben.

• Du hast gerade keine Zeit oder keine Lust
Total legitim – auch ich habe nicht an jedem Tag die Energie für eine umfangreiche Trainingssituation. Da ist es schön, wenn sich Begegnungen durch gut gesetztes Markertraining auch mal im Vorbeigehen entschärfen lassen.

Schritt 3: Management

Bild von mniwmniw auf Pixabay

Wenn gar nichts anderes mehr geht, ist nur noch eines wichtig: vermeide, dass dein Hund auslöst.

Mit jeder Eskalation an der Leine verfestigt sich das unerwünschte Verhalten ein bisschen mehr. Dein Hund erinnert sich dann wieder, dass es ja sein Ausraster war, der den Stein des Anstoßes vertrieben hat. Klar, manchmal kommt es trotzdem vor. Da taucht plötzlich an einer Straßenecke unvermittelt der Erzfeind auf, ein unangeleinter Hund kommt zu nahe oder du hast die Situation einfach falsch eingeschätzt. Das passiert jedem und du solltest dir da keine grauen Haare wachsen lassen.

Wann immer es aber eine Chance gibt, deinen Hund noch kurzfristig umzulenken, ergreife sie!

Du könntest Futter in die entgegengesetzte Richtung streuen, einen sicher auftrainierten U-Turn nutzen oder auch das Sichtfeld abschirmen.


Wie du siehst, es gibt sehr viele Dinge die du tun kannst um deinen Hund zu unterstützen.

Ich übe mit meinen Kund:innen am Liebsten alle drei Schritte. So bleibst du zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig und kannst in Zukunft sicher in Begegnungssituationen gehen.

Hast du Lust auf mehr Informationen? In einem kostenlosen Erstgespräch beantworte ich dir gerne alle offenen Fragen.